Die Sage von der Teufelskanzel auf dem Huy
Sage vom Räuber Daneil  -  Sage von der Teufelskanzel - Sage vom Heinrichsstein

Etwa 8 Minuten westlich der Huysburg befindet sich ein kleiner, bewaldeter Berg, der den Namen "Teufelskanzel" trägt. Über die Teufelskanzel erzählt sich das Volk folgende Sage:


Nachdem das Christentum in unserer Heimat Eingang gefunden hatte und die Mönche in der neuerbauten Kirche der Huysburg das Wort Gottes verkündeten, bekehrten sich viele Leute und wandten sich vom Teufel ab. Das wollte dem Meister Urian (Teufel) aber gar nicht gefallen, und er beschloß, von jetzt ab ebenfalls seine Jünger im Huywalde um sich zu sammeln und ihnen zu predigen.

Ein blühender Pfingstmorgen brach herein. In mildem Lichte sandte Frau Sonne ihre goldenen Strahlen über Wald und Feld. Eben waren die Morgenglocken der Huysburg verklungen, da stieg der Teufel mit seinen Getreuen den Berg hinan, um vor ihnen zu predigen. Jener kleine Bergkegel sollte ihm als Kanzel dienen.

In den prächtigsten Farben wußte er seinen Zuhörern die Reize der Welt und ihre Herrlichkeit zu schildern. Doch die Mönche von der Huysburg hatten schon von dem Beginnen des Satans gehört. Einer von ihnen stieg deshalb herunter. Mit großer Kraft verkündete er ihnen die Botschaft vom Reich Gottes. Groß war die Enttäuschung des Teufels, als er sehen mußte, wie alle seine Zuhörer ihn verließen und andächtig den Worten des Mönches lauschten. Wütend darüber, ergriff er seinen Schweif und sprang den Berg hinunter. Als er jedoch nach Anderbeck kam, drückte ihn sein Schuh, der voll Erde war, so gewaltig, daß er sich erst einmal niedersetzen mußte. Er zog den Stiefel aus und schüttete die Erde auf den Boden, wo ein kleiner Hügel entstand, den die Einheimischen, von denen einige dem Vorgang zugeschaut hatten, "Kuckucksberg" nannten. Darauf setzte der Teufel seine Reise nach Braunschweug fort, da er dort geneigtere Zuhörer zu finden hoffte. Doch kaum war er durch Badersleben, als auch sein anderer Stiefel, der den Pferdefuß bedeckte, zu drücken begann. Beim Ausklopfen fiel ein etwa 20 Zentner schwerer "Kisserling" auf die Erde. Dieser große Stein liegt heute noch in der Glüsig, nördlich von Badersleben. Da der Satan noch jede Nacht um die zwölfte Stunde darunter hervorkommen soll, warnen die alten Baderslebener die jungen Leute, indem sie sprechen:

"Gat nich in de Nacht dorch de Glüsig; denn da kummet de Düvel unner'n Kisserlinge rut!

Text nach:
K. Keller: Die schönsten Sagen vom Kreise Oschersleben

Verlag Herm. Sperling, Oschersleben, ohne Jahresangabe (ca. 1925)


Übrigens befand sich nördlich von Badersleben im Mittelalter das Dorf Glüsingen, das später wüst wurde. Vielleicht ist die Sage auch eine Anspielung darauf, diesen wüsten Ort nicht zu besuchen.

Siehe auch:
Vom Kisserling, Menhiren und anderen sagenhaften Steinen zwischen Harz und Bruch
Sonderdruck aus "Zwischen Harz und Bruch", Halberstadt 2011, Heft 64 (September 2011) Seite 39-45